Liebe Gruppenblogmitglieder und -leser,
hier findet Ihr unsere komplette Weihnachtsgeschichte 2018 als Audioversion, als Link zur Geschichte als PDF sowie die gesamte Geschichte auch noch einmal im Eintrag!
Die Autoren Corona, Berta, Ichbinsg, Annsworld1987, Lesenbiene und Brathahn und der Sprecher der Audioversion Sigurd6 wünschen Euch Frohe Weihnachten und hoffen, Euch hat unsere Weihnachtsgeschichte gefallen.
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Die mystische Weihnachtstanne
Dunkelheit und Nebelfetzen lagen wie eine geheimnisvolle Decke über dem Dorf. Aus den Schornsteinen stiegen Rauchsäulen in den Nachthimmel und kein Mensch verirrte sich zu der späten Stunde noch in die Dunkelheit, denn die Nächte wurden schon spürbar kalt und wer nicht unbedingt nach draußen musste, machte es sich viel lieber in der warmen Stube gemütlich.
Zum Glück! …dachte Rofibald-Geruwim, denn er wollte sich gern erstmal in Ruhe und allein ein Bild machen, was im und ums Dorf so los ist. Vorhin begann plötzlich seine Rufwurzel zu tanzen und der Chef hatte ihm von 2 Ereignissen erzählt, die so gar nicht zur vorweihnachtlichen Stimmung im Dorf passten.
Nun war er auf dem Weg um nach dem Weihnachtsbaumwald gleich auf der Anhöhe neben dem Dorf zu schauen, denn dort wurden in der letzten Zeit immer wieder Weihnachtsbäume von Dieben geklaut. Es war zu befürchten, dass die Diebe in den nächsten Tagen auch vor dem Baum nicht haltmachen würden, der zu Weihnachten den Dorfplatz schmücken soll. Das musste unbedingt verhindert werden, denn diese Dorftanne barg ein Geheimnis und es wurde gemunkelt, dass es ein Zauberbaum wäre.
Eigentlich wäre Rofibald-Geruwim ja gar nicht mitten durchs Dorf gegangen, um in den Weihnachtsbaumwald zu gelangen, aber der Chef hatte ihn gebeten, auch im Dorf die Augen aufzuhalten. Immer wieder wurde erzählt, dass jemand hungrig und durchgefroren durch das Dorf streift, aber bisher wusste er noch nichts Genaueres.
Der Weg führte ihn am Haus von Heinrich vorbei und Rofibald-Geruwim klopfte an seiner Tür. Heinrich war sehr erfreut, den Zwerg zu sehen, erkannte aber an seinem sorgenvollen Blick auch gleich, dass etwas nicht stimmte. Nachdem er erfahren hatte, was der Chef dem Zwerg erzählt hatte, überlegten beide, wie man am besten vorgehen sollte. Während Rofibald-Geruwim sich erst einmal einen Überblick im Weihnachtsbaumwald verschaffen wollte, würde Heinrich sich mal umhören, was es mit diesem Jemand auf sich hat, der hungrig und durchfroren durch das Dorf streichen soll.
Rofibald-Geruwim machte sich wieder auf den Weg zur Anhöhe neben dem Dorf. Als er dabei am Dorfplatz vorbeikam, meinte er, einen Schatten gesehen zu haben, der auf der anderen Seite des Platzes um die Ecke in eine kleine Gasse huschte. Er war sich aber nicht sicher, denn das Mondlicht schien nur stellenweise durch die wabbernden Nebelschwaden. Kurz überlegt er, einen kleinen Umweg durch diese Gasse zu machen, beschließt aber dann doch, lieber zügig in den Weihnachtsbaumwald zu gehen.
Währenddessen hat sich Heinrich auf den Weg zu seinem Freund Josef gemacht, dem vor einiger Zeit – wie ihm selbst auch – der Zwerg und dessen Gefährten in einer schlimmen Phase seines Lebens geholfen hatten. Auch er freute sich wie Heinrich immer, wenn er den Zwergen, aber auch den Leuten im Dorf, die sie so herzlich wieder aufgenommen hatten, helfen kann.
Josef hatte im Dorf auch schon von den Weihnachtsbaumdieben gehört und war besorgt, denn die Bewohner waren sich unsicher, was sie machen sollten. Eines war aber für die Beiden sofort klar, allein kann Rofibald-Geruwim den Wald nicht bewachen, zumal der Zwerg alljährlich in der Vorweihnachtszeit noch andere Dinge erledigen muss. Die beiden Freunde beschlossen, sich lieber gleich auf den Weg zum Weihnachtsbaumwald zu machen um Rofibald-Geruwim zu helfen.
Auf dem Weg erzählte Heinrich noch von dem rätselhaften Wesen, das durch das Dorf streifen soll und beide hielten die Augen offen. Doch sie konnten nichts erblicken.
Sie liefen zum Wald auf der Anhöhe und trafen da am Waldesrand auf den Zwerg, der gerade einmal um den Wald gelaufen war und jetzt mit ihnen gemeinsam kurz den Blick von der Anhöhe über das Dorfstreifen ließ.
Die Nebelschwaden hatten sich aufgelöst und im Mondlicht sah man, wie erst ganz langsam und dann aber immer mehr Schneeflocken tanzend zu Boden fielen. Erst nur im Weihnachtsbaumwald, aber bald schon legte sich der Schnee wie Puderzucker auf die Dorfdächer und dann auch auf die Straßen und Wege im Dorf.
Rofibald-Geruwim hatte nichts Verdächtiges gesehen, lediglich die Stümpfe der Bäume hatte er gefunden, die an den vergangenen Tagen dort schon abgesägt wurden. Die 3 beschlossen, für heute ins Dorf zurückzukehren, denn durch den Schnee würde ja jeder Dieb Spuren hinterlassen und sich dadurch verraten.
Allerdings sollte dieser Schutz wohl nur von kurzer Dauer sein, denn am nächsten Tag würden die Temperaturen zu hoch, als dass der Schnee liegenbleiben könnte.
Sie mussten sich also überlegen, wie sie den Wald in der nächsten Zeit schützen können.
Als Rofibald-Geruwim am nächsten Morgen aufwachte, war er guter Dinge die Diebe aus dem Weihnachtsbaumwald zu finden. Er ging stark davon aus, dass es sich um mindestens zwei Personen handeln musste, denn niemand, noch nicht mal der Chef, war so stark die schweren Tannen aus dem Wald zu tragen. Doch als er seine Vorhänge zurückzog, stand ihm die Ernüchterung ins Gesicht geschrieben. Weit und breit kein Schnee mehr zu sehen. Im Gegenteil, die Landschaft war wieder saftig grün und die Sonne schien.
Er beschloss das Frühstück heute ausfallen zu lassen und machte sich direkt auf den Weg zu Heinrich und Josef. Es galt einen neuen Plan auszutüfteln um die Diebe zu fassen und die vorgesehene Weihnachtstanne für das Dorf zu beschützen. Auch ließ ihn die Gestalt nicht los, die durch das Dorf schlich. Als hätte er vor Weihnachten nicht schon genug zu tun.
Als er bei Heinrich eintraf, war Josef schon da und beide waren ähnlich enttäuscht wie der Zwerg, dass der Schnee über Nacht weggetaut war und sie nun mit der Suche von vorn beginnen mussten. Aber die beiden Männer waren schon aktiv und unterbreiteten Rofibald-Geruwim ihren Plan.
„Wir haben uns überlegt, dass wir beide den Wald bewachen, vor allem die wichtige Tanne, die im Dorf aufgestellt werden soll. Denn wir gehen davon aus, dass es sich hier um mindestens zwei Personen handeln muss. Zudem werden es keine Zwerge sein, weshalb wir denken, dass wir ihnen körperlich überlegener sind, als du und deine Freunde.“, begann Heinrich, während Josef ergänzte: „Und du und deine Freunde könnt euch um den unbekannten Streuner im Dorf kümmern. Ohne euch vorgreifen zu wollen, haben wir uns schon im Dorf umgehört und die ersten Hinweise gesammelt.“ Nachdem er fertig gesprochen hatte, übergab er Rofibald-Geruwim ein Blatt Papier, auf dem alle Hinweise fein säuberlich aufgelistet waren. Der war sichtlich gerührt und bedankte sich bei den beiden Männern für ihre Hilfe. Um keine Zeit zu verlieren, brachen Heinrich und Josef sofort Richtung Weihnachtswald auf. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag, um sich auf den neuesten Stand zu bringen.
Während sich Heinrich und Josef auf den Weg machten, ging Rofibald-Geruwim noch einmal kurz zu sich nach Hause. Hier las er sich in Ruhe die Hinweise über den Streuner durch.
So erfuhr er, dass die Gestalt immer erst am Abend, also wenn es dunkel wird, gesehen wurde. Der Unbekannte sei ca. 1,80 m groß und von schlanker Statur. Die Gestalt schien ein Mann zu sein, was aber nicht genau zu sagen war, da sie immer eine Kapuze trug. Außerdem stand auf dem Papier, dass die Gestalt verdreckt und ausgemagert aussehe. Teile der Dorfbewohner wollten auch immer mal wieder einen Hund an der Seite des Unbekannten gesehen haben.
Auch wenn der Unbekannte überwiegend abends im Dorf gesehen wurde, beschloss der Zwerg trotzdem jetzt schon eine Runde durchs Dorf zu laufen. Vielleicht fiel ihm ja doch schon was auf. Seine Hoffnung war der Hund, der auf jeden Fall eine Spur hinterlassen haben musste. Bevor er aufbrach, gab er eine kurze Zwischenmeldung an den Chef, der ihm für sein Vorhaben grünes Licht gab und zeitgleich Heinrich und Josef dankbar für ihren Einsatz war. Er sicherte Rofibald-Geruwim außerdem noch zu, ihm Hilfe zu schicken.
Der Zwerg wunderte sich zwar, dass der Chef so umgänglich war und ihm sogar Hilfe schicken wollte, war ihm aber dankbar dafür. Wahrscheinlich war die Tanne, die für das Dorf vorgesehen war, wohl doch was ganz Besonderes, dachte er, überprüfte dass er seine Rufwurzel eingesteckt hatte und schloss die Tür ab.
Auf dem Marktplatz angekommen, sah er vor dem Bäcker einen unbekannten Hund sitzen. Nach kurzer Überlegung ging er langsam auf ihn zu. Im Bäcker waren keine Kunden, sodass er davon ausging, dass der Hund zu dem Unbekannten gehören musste. Als er Schritte hörte, versteckte er sich hinter der Hauswand des Bäckers und beobachtete, wer da angelaufen kam. Und tatsächlich, es war der Unbekannte, von dem alle berichteten. Die Statur stimmte, das magere Aussehen, der Hund und auch die Kapuze.
Nur dass es sich nicht um einen Mann, sondern um eine junge Frau handelte. „Komm Bella, lass uns gehen sonst werden wir doch noch gesehen!“, sagte die Frau und lief mit dem Hund in Richtung Weihnachtswald.
Rofibald-Geruwim, noch schockiert von der neuen Erkenntnis, dass der Unbekannte eine Frau war, folgte ihr. Er überlegte, ob sie etwas mit dem Baumklau zu tun haben könnte, ob sie Komplizen hatte, die ihr halfen oder ob sie mit der ganzen Sache gar nichts zu tun hatte. Und warum hatte sie Angst gesehen zu werden?
Er beschloss, sobald sie anhielt, das Gespräch mit ihr zu suchen und ihr all diese Fragen zu stellen. Sie machte einen netten Eindruck, kümmerte sich um ihren Hund, wenn es dann ihrer war, von daher würde sie ihm schon antworten, dachte der Zwerg.
Doch als er vor sich blickte, waren die Frau und auch der Hund verschwunden.
Völlig überrascht drehte sich Rofibald-Geruwim mehrmals um seine eigene Achse, konnte aber Frau und Hund nirgends entdecken. ‘Wie vom Erdboden verschluckt. Solche Möglichkeiten sind doch eigentlich nur uns Zwergen vorbehalten!’, dachte er.
Grübelnd lief er in Richtung Tannenwald davon. Nach einer Weile begann plötzlich wieder seine Rufwurzel in der Tasche zu tanzen. Verwundert holte er sie hervor und hörte eine mädchenhafte Stimme sagen: „Hallo Rofi! Ich bins, Utila! Der Chef hat mich zu dir geschickt, damit ich euren Tannenwald ein paar Tage beschütze. Tytola ist bei mir. Wir sind gerade im Wald. Heinrich und Josef sind auch hier. Können wir uns hier treffen?“
„Aber ja!“, sagte Rofibald erfreut. „Das ging ja schnell. Der Chef hat mir doch die Hilfe eben erst zugesagt! Aber warum wundert mich das eigentlich?“ Lachend steckte er die Rufwurzel zurück und lief nun guter Dinge weiter. Mit Utilas und Tytolas Hilfe würden die Diebe sicher schon sehr bald auf frischer Tat ertappt und die Gefahr aus dem Tannenwald verbannt werden.
Schon von Weitem nahm er am Fuße der wunderschönen Tanne, die für das Dorf bestimmt war, neben Heinrich und Josef die zerlumpte Gestalt samt Hund von eben wahr. Da sie die Kapuze abgenommen hatte, sah Rofibald nun ihr goldblondes Haar. Jetzt ergab alles einen Sinn! Die zerlumpte Gestalt, die von etlichen Dorfbewohnern gesehen, aber sehr unterschiedlich beschrieben worden war, mußte Utila gewesen sein. Und der Hund war Tytola. Bella war also nur einer der vielen Namen Tytolas gewesen.
Rofibald rannte die letzten Schritte auf Utila zu und sie fielen sich strahlend in die Arme. Utila wirbelte den Zwerg übermütig in der Luft herum, so dass diesem fast seine Kiepe vom Rücken rutschte. Schnell glitt er wieder auf den Boden. Nun stellte sich Tytola auf ihre Hinterbeine, schlug die Vorderpfoten vor ihrem Körper übereinander, wackelte mit dem linken Ohr und begann zu lachen. „Ich habe dich schon im Dorf gewittert!“, sagte sie zu Rofibald. „Aber Utila ist meine Mentorin, und wenn sie sagt, dass wir gehen müssen, dann stelle ich ihre Worte nicht infrage.“
Als der Hund sich wieder neben Utila gelegt hatte, zog der Zwerg ihn liebevoll am Ohr und nahm dann selbst auf einem am Boden liegenden Ast gegenüber Heinrich und Josef Platz. Auch Utila setzte sich wieder zurück und lehnte mit dem Rücken am Stamm der Tanne.
„Was habt ihr denn schon herausgefunden?“, fragte Rofibald in die Runde. „Ihr seid ja schon ein Weilchen hier. Erzähl doch mal, Tytola! Warum bist du hier auf allen Vieren unterwegs?“
Der Hund wackelte erneut mit dem linken Ohr, rülpste zweimal und implodierte plötzlich mit einem zischenden Geräusch. Anstelle des Hundes sahen Rofibald-Geruwim Utila, Heinrich und Josef jetzt nur eine kugelförmige, schwebende Wolke in den Farben des Regenbogens. Sie waren nicht überrascht. Wenige Sekunden später verschwand diese Wolke mit dem gleichen zischenden Geräusch und wwwusch! saß an gleicher Stelle plötzlich eine sehr große, wunderschöne Schleiereule. Im Schnabel hielt sie eine kleine Ampulle aus Glas, die mit einer lilanen Flüssigkeit gefüllt war. Sie ließ sie ganz vorsichtig vor sich auf den Boden gleiten, schwang sich dann mit zwei kurzen, lautlosen Flügelschlägen auf einen Ast in etwa zwei Meter Höhe, wackelte mit dem linken Ohr, und begann plötzlich mit der Stimme Tytolas zu sprechen:
„Es sind zwei Diebe. Ein Mann und eine Frau! Ich habe sie bisher nur nachts gesehen, wenn ich hier oben in der Baumkrone gewacht habe. Sie habe schon mindestens zwei Dutzend Tannen gestohlen. Sie fällen jeden Baum einzeln, hieven ihn dann auf einen gummibereiften, klapprigen Karren und ziehen in westlicher Richtung am Dorf vorbei von dannen. Ich bin ihnen bisher nicht gefolgt, da ich diese Tanne hier auf keinen Fall aus dem Auge lassen darf. Es würde Unglück über das Dorf bringen, wenn jemand versuchen würde, sie zu stehlen!“
Utila hob die Ampulle vom Boden auf und schüttelte sie kurz vor den Augen der Anderen. Die Flüssigkeit begann zu fluoreszieren.
„Wir werden heute Abend jeden einzelnen Tannenzapfen jeder Tanne dieses Waldes mit ein paar Tropfen dieses Detektums beträufeln.“, sagte sie. „Sobald der nächste Baum gestohlen wird, brauchen wir nur noch nachts den leuchtenden Spuren folgen und werden die Diebe finden. Tytolas Schwestern werden uns helfen. Sie sind schon auf dem Weg hierher.“
„Ich bin dabei!“, sagte Rofibald sofort. „Ich warne euch, sobald die Diebe wieder auf dem Weg hierher sind, damit sie euch nicht sehen. Nur so können wir sie überführen!“
Utila stand auf, zog die Kapuze tief ins Gesicht und drehte sich einmal blitzschnell um ihre eigene Achse. Plötzlich stand ein magerer, finster dreinblickender Mann an ihrer Stelle. Rofibald-Geruwim wusste Bescheid.
„So!“, hörte man Rofibald-Geruwim, während er sich von dem Ast erhob auf dem er saß, mit einem tiefen Seufzer sagen. „Jetzt muss ich aber weiter. Wir haben ja gleich erst Mittag.
Ich muss noch in die Weihnachtswerkstatt, um einige Abläufe zu besprechen. Wir treffen uns am späten Nachmittag hier wieder, bevor die Dunkelheit einbricht.“
Heinrich und Josef standen auch auf. „Ja, wir müssen auch los“, erklärte Heinrich. „Wir sind bei Oma Kräuterle zum Mittagessen eingeladen, um für sie danach die großen Holzstücke mit der Axt ofengerecht zu spalten und um diese, vorne neben ihrer Haustür, ordentlich aufzustapeln, damit sie es leichter hat, sie bei Bedarf ins Haus zu holen.“ Sie wurde ‚Oma Kräuterle‘ genannt, weil sie sich mit jedem Pflänzchen im Walde auskannte, sie fleißig sammelte und sie zum Kochen und für eigens hergestellte Medizin verwendete.
Die verwandelte Utila nickte kurz, zog geheimnisvoll die Augenbrauen hoch, hob den Arm zu einem Gruß, drehte sich ohne ein Wort um und stapfte durch das Unterholz Richtung Dorf.
Allein Tytola blieb ganz ruhig auf dem Baum sitzen. Sie wollte dort auf ihre Schwestern warten.
Kaum aber waren alle außer Sichtweite, knackte und raschelte es im Dickicht rechts neben der zu bewachenden Tanne. Die Schleiereule konnte jedoch erst einmal nichts erkennen. Sie saß auf ihrem Ast, ohne sich zu rühren, in der Hoffnung, so nicht bemerkt zu werden und etwas beobachten zu können. Sie wartete ab.
Im Dorf hingegen ereignete sich kurze Zeit später Folgendes: In einer kleinen Wirtschaft, mit dem Namen „Goldener Engel“, öffnete sich unter lautem Knarren die alte schwere Eingangstür, so dass die Katze, die gemütlich vor dem Kamin lag, aufgeschreckt davonsprang. Eine dunkle Gestalt trat ein, ging geradewegs zu dem Tisch in der hintersten Ecke des Raumes und ließ sich nieder. Als der Wirt zu ihr trat, um den neuen Gast nach seinen Wünschen zu fragen, griff dieser nach dem Handgelenk des Wirtes, zog ihn etwas an sich heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Mit einem etwas verwirrten Blick eilte der Wirt hinter seine Theke, um kurz darauf dem seltsamen Gast ein Glas Wasser zu bringen. Stumm blieb dieser über längere Zeit vor dem Glas sitzen und beobachtete mit seiner finster dreinschauenden Miene alles, was sich in die, und was sich aus der Kneipe bewegte, als würde er auf jemanden bestimmtes warten.
Tytola saß derweil immer noch auf ihrem Beobachtungsposten. Als sie wieder ein Rascheln hörte, dieses Mal direkt unter der Tanne, geschah etwas Zauberhaftes und sie glaubte erst, ihren eigenen Augen nicht trauen zu können: Durch die besondere Tanne strömte ein Glitzern. Das Funkeln zog sich von oben, beginnend an der Tannenspitze, bis nach unten über den ganzen Baum und als es den Boden erreicht hatte, stand die Tanne wieder so grün vor Tytola, wie vorher, als wäre nichts gewesen. Sie kniff die Augen zusammen, um zu schauen, ob sie träumte. Sie hörte wieder dieses Rascheln und wieder umhüllte dieses Glitzern den Tannenbaum, als läge ein Zauber auf ihm. So wie es gekommen war, so war es dann aber auch wieder vorbei und in der nächsten Zeit passierte nichts mehr – auch war nichts mehr zu hören.
Nach ein paar Stunden tauchten Heinrich und Josef als erste wieder auf. Sie waren schon von weitem zu hören, denn der Boden schien unter ihren Füßen zu knirschen, so als wäre er gefroren.
„Ach, wie schön!“, rief Josef schon von weitem, „deine Schwestern sind angekommen.“ Als Heinrich und Josef vor Tytola standen, stellte diese die beiden anderen Schleiereulen vor: „Das ist Aurelia und das Tamina. Mit ihnen zusammen, kann ich ganz leicht und schnell die Zauberflüssigkeit über die ganzen Tannen verteilen. Zusammen haben wir nämlich eine besondere Fähigkeit, aber ihr werdet schon sehen.“
Kaum hatte sie das ausgesprochen, stand auch schon Rofibald-Geruwim vor ihnen und fragte Tytola fast flüsternd, ob sie wieder als Bella unterwegs gewesen wäre, denn er hätte auf dem Weg hierher Spuren gesehen, die wohl einem Hund gehören mussten. Es hatte zwar nicht geschneit, aber durch den gefrorenen feuchten Boden blieben die Abdrücke sichtbar.
Während alle Blicke gespannt auf Tytola gerichtet waren, näherte sich der Gruppe der magere finstere Mann. Er wirbelte einmal um sich selbst herum und „schwups“, stand Utilia wieder vor ihnen.
„Ich bringe ein paar Neuigkeiten mit, die die Diebe betreffen. Ich habe sie zwar selbst nicht gesehen, aber im Dorf, in der kleinen Kneipe, konnte ich unerkannt über sie etwas in Erfahrung bringen, das zwar ihren Diebstahl nicht rechtfertigt, aber es doch in einem anderen Licht erscheinen lässt. Aber erst einmal zu dir Tytola, ich habe eben mitbekommen, dass du wieder auf vier Pfoten unterwegs gewesen sein sollst!?“
Alle Augen richteten sich wieder auf Tytola. Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, raschelte es wieder unter der Tanne und dieses Mal konnten alle dem glitzernden Spektakel zuschauen, denn es passierte wieder.
Aber was war das? Nicht nur dass es immer noch raschelte, die Tannenzweige öffneten sich unten herum einen Spalt und eine dunkle kleine Nasenspitze wurde sichtbar.
Ganz langsam schob sich zitternd ein kleines, mageres Hündchen unter der Tanne hervor. Sein Fell war so verfilzt und zottelig, es hatte schon lange keine Bürste mehr gesehen. Die Rippen konnte man deutlich unter dem Fell sehen, so abgemagert war das Tier. Das Hündchen hatte Schmerzen beim Laufen, denn es hinkte leicht. Der harte Waldboden mit seinen überfrorenen Pfützen hatte die Pfoten des Hundes verletzt. Er musste wohl lange Wege zurückgelegt haben und hatte sich völlig erschöpft und Schutz suchend vor dem kalten Wind unter der Tanne versteckt. Nun erklärten sich auch die Abdrücke, die Rofibald-Geruwim auf dem Waldboden gesehen hatte. Es war nicht Bella, sondern der kleine Hund, der sich ihnen nun Schutz suchend, mit traurigen Augen und eingezogener Rute näherte. Vorsichtig schnuppernd hinkte er zur Gruppe. Man sagt ja Tieren einen Instinkt nach und dieser Instinkt sagte ihm, dass er von diesen Menschen nichts Böses zu erwarten hätte. Josef nestelte an seinem Rucksack und holte ein Stückchen Wurst daraus hervor und hielt es dem Hund entgegen, dass der gierig verschlang. Heinrich füllte ein Schälchen mit Wasser und reichte es dem Hund und der trank durstig.
„Wie grausam sind manche Menschen“, sagte Rofibald-Geruwim, “ viel zu oft stellen die Tierbesitzer fest, dass sie mit dem neuen Mitbewohner doch überfordert sind oder schlicht keine Lust mehr haben, sich weiter um ihr Haustier zu kümmern. Kaltherzig werden die Tiere dann heimlich in freier Wildbahn sich selbst überlassen, wo sie dann im schlimmsten Fall einen qualvollen Hungertod sterben.“ Beschämt über ihre Mitmenschen, blickten sie zu Boden.
„Nun hat sich wohl ein Rätsel gelöst“, sprach Heinrich,“ sicher ist es wohl dieser ausgesetzte Hund, den die Dorfbewohner als Schatten durchs Dorf schleichen gesehen haben. Vielleicht kann er uns ja nützlich werden!“ Heinrich erklärte sich bereit, den Hund erst mal mit zu sich nach Hause zu nehmen und sein Vertrauen zu gewinnen.
Nun stand Utila aber erst mal wieder im Mittelpunkt, denn alle bestürmten sie mit Fragen, was sie über die Diebe in der Wirtschaft „Goldener Engel“ in Erfahrung gebracht hätte. „Es soll ein Ehepaar sein, das Tannen heimlich abholzt, um das Holz später, wenn es abgelagert ist, zu verkaufen“, erzählte Utila. Das Paar müsse sehr arm sein und das Geld knapp, munkelte man in der Kneipe und in ihrer Not seien sie wohl auf die Idee gekommen, einfach ein paar Tannen zu fällen. Weiteres konnte Utila aber nicht berichten, es waren nur Gerüchte, die die Runde machten und konkrete Hinweise gab es noch nicht.
Nun mussten sie sich einen Plan machen, um die Tannen und besonders die Tanne, die für den Weihnachtsabend gedacht war, vor den Dieben zu schützen. Diese Tanne hatte den Geist der Weihnacht in sich, die Menschen sollten doch den wahren Sinn des Weihnachtsfestes begreifen, denn viele wussten nicht mehr, um was es beim Fest der Liebe überhaupt ging. Was bei den Menschen auf der Strecke blieb, war tatsächlich oft die Freude, die Herzlichkeit und die Nächstenliebe. Ihre Herzen versteinerten immer mehr und jeder dachte nur noch an sich.
Tytola, Aurelia und Tamina stand nun die Aufgabe bevor, die noch übrig gebliebenen Tannen mit der Zauberflüssigkeit zu benetzen, keine leichte Arbeit, denn es waren nachtaktive Tiere und so konnten sie nur nachts ihre Arbeit verrichten. Doch die Schleiereulen hatten eine Besonderheit, denn die Augen auf ihrem runden Kopf blicken nach vorne und saßen nicht wie bei vielen anderen Vögeln seitlich am Kopf und dadurch waren sie nächtliche Jäger mit scharfen Augen und Ohren. Ihre scharfen Augen machten es dann später etwas einfacher, dem Leuchten der Zauberflüssigkeit zu folgen und so vielleicht den Dieben auf die Spur zu kommen. Doch bis es soweit war, galt es weiterhin die Tannen zu bewachen und so mussten Heinrich, Josef und Utila weiter ihre Kontrollrunden gehen und Augen und Ohren offenhalten.
Rofibald-Geruwim konnte ihnen nicht mehr viel Hilfe dabei leisten. Wie jedes Jahr zu Weihnachten musste er weiter dabei helfen, die Weihnachtsgeschenke der Kinder einzusammeln und wie immer verging die Zeit wie im Flug. Sieh da, kaum gedacht und seine Rufwurzel klingelte schon wieder und der Chef war dran.
„Rofibald!“, schallte es atemlos aus der Rufwurzel. Um ein Haar hätte Rofibald-Geruwim vor Schreck seine Rufwurzel fallen lassen. „Ich brauche ganz dringend deine Hilfe!“, rief der Chef voller Eile. Die Umstehenden konnten jedes Wort mithören. „Und bring am besten noch Utila mit. Die Arbeit türmt sich hier. Ich weiß nicht, was dieses Jahr bloß los ist. All die Wünsche nehmen überhand. Es ist so viel, dass ich kaum noch nachkomme. Was ist mit den Menschen bloß los? Es ist doch Weihnachten und nicht Schenknachten. Das ist viel zu viel! Die Geschenke türmen sich hier. Die anderen Wichtel arbeiten emsig wie Ameisen. All die Kisten hier sind so hoch gestapelt, höher als der Kirchturm, es schaukelt und wackelt schon… beeilt euch… es tut mir leid, aber ich weiß, dass ihr wegen dem Tannenwald auch einiges um die Ohren habt, aber kommt schnell… ooh nein …oh neiiiin!!!!“, schrie plötzlich der Chef. „Cheeef?“, rief Rofibald in die Rufwurzel. Aber der hatte bereits aufgelegt.
Erschrocken starrten sich alle an. „Der Geschenkeberg wackelt!“, stellte Rofibald fest. „Oh nein!“, rief nun Utila in die erschrockene Runde. „Der ist jetzt wohl umgestürzt! Nicht, dass unser Chef darunter nun vergraben liegt!“ „Genau, wie es aussieht, versinkt unser Chef gerade im Chaos. Utila, lass uns sofort abdüsen. Wir müssen uns beeilen. Tytola bewacht derweil hier den Wald und markiert die restlichen Tannen mit der Zauberflüssigkeit. Heinrich und Josef, ihr haltet weiterhin Augen und Ohren offen und kümmert euch um den ausgesetzten Hund. Wir werden uns beeilen und schauen, was los ist“, sprach Rofibald zu allen.
Er zupfte seine Kiepe zurecht, Utila warf ihren Mantel über sich, so dass eine kleine weiße Rauchwolke um sie stob, sich abhob, kurz in der Luft schwebte, um sich zu verwandeln, als plötzlich ein Ruf durch den Tannenwald ertönte.
Abermals erschrocken hielten alle inne. Die drei Schleiereulen oben auf dem Ast bekamen riesige Augen. Utila verharrte wie eine Statue in der Luft. Rofibald, der noch am Riemen zog, Heinrich, der sich gerade nach dem Hund bücken wollte und Josef starrten in die Richtung, aus der der Ruf erklang. Als auch schon ganz plötzlich ein kleiner Junge auftauchte und sie alle erblickte.
Überrascht blieb er wie angewurzelt stehen und rieb seine Äuglein, da er nicht fassen konnte, was er sah. Doch da sah er den kleinen Hund, der erschrocken unter die Zaubertanne gehuscht war und so den wundersamen Tannenbaum wieder zum Glitzern brachte. Erstaunt rief der Junge ein langes „Oooh!“ heraus und blieb wie angewurzelt stehen.
„Auch das noch“, wollte Rofibald schon resignieren, als er seine Kiepe abwarf und ein kleines Fläschchen hervorholte. „Was tust du?“, fragte Heinrich, der sich noch nicht mit allen Zauberkünsten der Wichtel auskannte. „Das ist das Getränk des Vergessens. Du weißt, dass niemand uns sehen darf!“, antwortete Rofibald ihm. Und schon stiefelte der Zwerg zu dem kleinen Jungen, der immer noch erstaunt alle anschaute, als Utila rief: “Stopp!“. Rofibald hielt im Schritt inne und blickte fragend zu ihr.
Utila schwebte derweil sachte zu Boden und lief gemächlich zu dem Jungen. Sie kniete vor ihm nieder und fragte ihn, was er denn suche. „Ich hab den kleinen Hund gesucht,“ antwortete er. „Ich gebe ihm immer was zu fressen. Ich weiß nicht, wem er gehört. Und meine Eltern erlauben mir keinen Hund. Ich wollte ihn mit nach Hause nehmen und gesund pflegen. Und ich würde ihn so gerne behalten als meinen neuen Freund. Aber sie verbieten es mir.“
„Bist du dir da sicher, dass du dich auch für sehr lange Zeit um einen Hund kümmern willst?“, fragte Tytola oben vom Ast herunter. „Aber natürlich, ich würde nie einen Hund weggeben!“, rief der kleine Junge aufgebracht. „Wie heißt du denn?“, fragte dann Utila. „Finn“, antwortete der kleine Junge mit blonden Haaren und einer sommersprossigen Stupsnase. Dann legte Utila ihre Hand über sein Herz und schloss die Augen. Es wurde ganz plötzlich still im Wald und niemand sprach mehr ein Wort. Gebannt starrten alle zu den beiden.
„Er hat ein reines und gütiges Herz. Er meint es ehrlich.“, sprach Utila zu allen und wandte sich an Rofibald: „Gib ihm noch nicht von diesem Trank des Vergessens. Ich glaube, er könnte uns noch eine große Hilfe sein.“
Derweil war Finn, der kleine Junge, unter die große Zaubertanne zu dem kleinen abgemagerten Hund gehuscht. Tausende, winzige Glitzerfünkchen wirbelten um die mystische Tanne herum. Wie zu einer Spirale tanzten viele kleine Sternchen hoch hinauf bis zu der Spitze. Und die großen weichen Tannenzweige schlossen sich um den Jungen und den kleinen Hund. Beide waren sie plötzlich verschwunden.
Ein Raunen und Wispern ging durch den Wald. „Ich passe so lange auf die beiden auf“, raunte die mystische Weihnachtstanne. „Geht! Geht schnell und macht euch an die Arbeit!“, wisperte sie. „Und kommt bald wieder…“
Nach dem dringenden Hilferuf vom Chef machten sich Rofibald und Utila auf den Weg. Josef und Heinrich hatten ihre Hilfe ebenfalls angeboten, denn sie hatten schon Erfahrung beim Einsammeln der Geschenke, und viele Hände schafften viel. Der Weihnachtsabend rückte immer näher, und die Katastrophe mit dem Geschenkeberg warf erst einmal alle Pläne über den Haufen.
Langsam setzte die Dunkelheit ein und Tytola, Aurelia und Tamina begannen, das Detektum auf den Tannenzapfen zu verteilen. Die drei Schwestern besaßen die Fähigkeit, es durch genau aufeinander abgestimmte Flügelschläge so fein und gezielt zu zerstäuben, dass kleine, feine Nebelschwaden über den Tannenwald verteilt wurden, die sich wiederum als winzige Tröpfchen auf die Tannenzapfen legten. Als sie schließlich ihre Arbeit verrichtet hatten, setzten sie sich zurück in ihre Baumwipfel und beobachteten den Wald.
Anfangs blieb alles ruhig. Hin und wieder konnte Tytola von ihrem Baum aus Finn und den kleinen Hund hören, der von Finn Wopsi gerufen wurde. Ein schöner Name, fand die Eule. Finn und Wopsi spielten zusammen im Schatten der Tanne. Doch was war das? Von weitem waren Schritte zu hören. Auf dem gefrorenen Waldboden war ein leichtes Knirschen zu vernehmen. Wopsi spitze die Ohren und ein leichtes Zittern durchlief seinen Körper.
Tief aus seiner Brust kam ein leises Knurren und seine Nackenhaare stellten sich auf. Vorsichtig schlichen Finn und Wopsi wieder in den Schutz der Tanne. Ein Paar näherte sich dem Tannenwald, vermummt in dunkle Kleidung, die Mützen tief ins Gesicht gezogen und einen kleinen Wagen hinter sich her ziehend. Ihrem Flüstern war zu entnehmen, dass sie nach einer Tanne Ausschau hielten. Kurz darauf konnte Finn aus seinem Versteck beobachten, wie eine Gestalt mit einer Säge begann, eine Tanne zu fällen. Die andere Gestalt blickte währenddessen immer wieder in alle Richtungen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht gesehen wurden. Schnell war die schöne Tanne umgefallen, und gemeinsam verluden die zwei sie auf ihre Karre. Sie zurrten eine Plane darüber und machten sich auf den Rückweg. Finn war sprachlos. Sollten das die Tannenbaumdiebe sein? Er war ängstlich und wusste nicht, was er tun sollte.
Plötzlich sprang Wopsi unter der Tanne hervor und folgte den Dieben. Finn traute sich nicht, den Hund zurück zu rufen. Zu groß war seine Angst, dass die Diebe ihn hören könnten. Doch seine Liebe zu dem kleinen Hund war größer, als seine Angst, und so folgte er Wopsi. Tytola saß oben versteckt in einem Ast, breitete ihre Schwingen aus und flog den beiden lautlos hinterher. Amelia und Tamina schlossen sich ihr an. Die Schwestern konnten lautlos miteinander kommunizieren und wussten sofort, was zu tun war. Alleine konnten sie den Jungen und den Hund nicht durch den Wald laufen lassen. In großem Abstand folgten sie dem Diebespaar. Die Bäume und die beginnende Dunkelheit boten ihnen dabei etwas Schutz. Der Weg schien kein Ende nehmen zu wollen und der Wald wurde immer dichter und finsterer.
Währenddessen waren Rofibald, Utila, Heinrich und Josef zum Chef geeilt. Der war mittlerweile mühsam unter dem eingestürzten Geschenkeberg hervor gekrochen. Gemeinsam schauten sie sich das Chaos an. Zum Glück stellte sich ziemlich schnell heraus, dass keine Geschenke zu Schaden gekommen waren. Es war nur ein völliges Durcheinander entstanden. Die fünf machten sich unverzüglich daran, alles wieder in Ordnung zu bringen.
Mittlerweile hatte sich die Dunkelheit über dem Tannenwald weiter ausgebreitet, und die Eulen waren Finn und Wopsi sehr nahe. Zum Glück, denn die Orientierung fiel den beiden immer schwerer, und ohne Hilfe hätten sie sich verlaufen. Finn war froh, die Eulenschwestern zu sehen. Ihm war es immer mulmiger geworden, und Wopsi schmiegte sich ängstlich an ihn. Tytola, Amelia und Tamina begleiteten die beiden zurück zur mystischen Weihnachtstanne, denn diese durfte unter keinen Umständen länger ohne Schutz zurückgelassen werden. Durch das Detektum konnten sie den Dieben auch später noch folgen.
Lange mussten sie nicht warten, bis Rofibald, Utila, Heinrich und Josef wieder in den Tannenwald zurückkehrten. Gemeinsam mit dem Chef hatten sie inzwischen die umgestürzten Geschenke wieder sortiert und soweit vorbereitet, dass diese nur noch auf die Schlitten verladen werden mussten. Zu fünft war das ziemlich schnell gegangen, und Utila hatte hin und wieder mit ein wenig Magie nachgeholfen. Das hatte sie allerdings immer nur dann getan, wenn der Chef es gerade nicht sehen konnte, denn er mochte das gar nicht gern. Er meinte, die Magie von Weihnachten liege darin, Zeit zu haben und füreinander zu nutzen. Das wichtigste war aber im Moment für alle, dass sie pünktlich zu Weihnachten fertig waren.
Alle besprachen kurz ihre nächsten Schritte und kamen zu dem Schluß, dass Utila bei Finn, Wopsi und der magischen Tanne bleiben sollte. Die anderen, geführt von den Eulen, die durch ihre großen Augen jede winzig kleine Spur des Detektums erspähen konnten, würden erneut die Verfolgung der Diebe aufnehmen.
Sie machten sich sofort auf den Weg und folgten wieder der Spur, die immer tiefer in den Wald hineinführte. Nach geraumer Zeit kamen sie zu einer kleinen Lichtung, auf der einsam ein Haus stand, vor dem sie auch sofort die bisher gestohlenen Weihnachtsbäume liegen sahen. Dem Haus konnte man ansehen, dass dort die Armut zu Gast war. Der Putz bröckelte ab, die Fensterläden hingen schief in den Angeln und es machte insgesamt einen etwas verwahrlosten Eindruck. Ein kleiner Garten, in dem wohl Gemüse angebaut wurde, umschloß das Häuschen. Seitlich befanden sich eine kleine selbstgebaute Schaukel, ein Sandkasten und eine Wippe. Anscheinend wohnten hier auch Kinder. Aus dem Haus waren mehrere aufgeregte Stimmen zu vernehmen. Vorsichtig traten sie ganz nah heran und konnten nun durch einen Schlitz in den Vorhängen einen Blick ins Innere werfen. Es wurde eindeutig gestritten. Mehrere Kinder standen aufgebracht um einen Mann und eine Frau herum. Die Stimmen wurden immer lauter und wütender. Ein größerer Junge rief dem Elternpaar zu: “Dann verzichten wir halt auf das Weihnachtsessen!“ Leise war ein Schluchzen zu hören. Die Frau, die wohl die Mutter der vielen Kinder war, wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Auch der Mann stand mit schuldbewußtem Blick vor den Kindern. Soweit Rofibald, Heinrich und Josef sehen konnten, waren die Kinder nicht abgemagert. Auch ihre Kleidung war zwar einfach, aber sauber. Das sprach für das Diebespaar.
“Da haben wir die beiden.“, flüsterte Rofibald. Josef klopfte ihm auf seine kleine Schulter. “Ich denke, Heinrich und ich sollten hinein gehen und mit ihnen reden. Vielleicht sind sie einsichtig und lassen sich stattdessen von uns helfen.“ Josef und Heinrich fühlten sich jeweils an ihre eigene Vergangenheit erinnert. Auch sie beide hatten einige unschöne Dinge getan, aber schließlich ihre Chance für einen Neuanfang erhalten. Und so hofften sie, nun ihrerseits dieser armen Familie helfen zu können. Heinrich ließ ein wenig die Schultern hängen, da er nicht recht wußte, wie sie vorgehen sollten, doch Josef war zuversichtlich. Er sprach Heinrich leise Mut zu und unterbreitete ihm und den anderen auch gleich seine Idee, was mit all den abgesägten Bäumen getan werden könnte. Alle waren einverstanden. Rofibald konnte ohnehin nicht mit ins Haus, da er von den Kindern nicht gesehen werden durfte. Er machte sich mit den drei Schleiereulen auf den Rückweg zur mystischen Weihnachtstanne, bei der Utila, Finn und Wopsi warteten.
Als die Anderen sich etwas entfernt hatten, trat Josef als erster vor die braune, verwitterte Haustür und klopfte an. Sofort wurde es still im Haus. Nach einem weiteren Klopfen Josefs war drinnen ein Flüstern zu vernehmen und endlich näherten sich Schritte der Tür. Sie wurde von einem Mann, dessen Gesicht von Sorgen gezeichnet war, einen Spalt breit geöffnet. Mißtrauisch sah er in Josefs Gesicht. „Ich bin Josef und das ist mein Freund Heinrich.“, begann Josef das Gespräch. „Dürfen wir eintreten?“
„Im Moment passt es nicht.“, antwortete der Mann, doch schon riß der älteste Sohn von innen die Tür weit auf und bat die Besucher herein.
Josef und Heinrich traten nacheinander in den Raum und konnten gleich neben dem Eingang eine alte Axt entdecken. Als sie sich umblickten, sahen sie in zahlreiche, weit aufgerissene Kinderaugenpaare. Sie traten ganz dicht an die Eltern heran und Heinrich ergriff leise das Wort: „Wir wollen nicht lange drum herum reden. Ihr wurdet beobachtet, wie ihr im Wald einen Tannenbaum gefällt und ihn, wie auch schon andere vorher, mit eurem Wagen weggeschleppt habt. Dieses Mal konnten wir euch folgen. Nun stehen wir hier und erwarten eine Erklärung!“ Erschrocken sah der Mann seine Frau an, die mit den Händen vor dem Gesicht bitterlich zu weinen begann.
Bevor der Vater Heinrich eine Antwort geben konnte, trat der älteste Sohn vor die beiden Besucher. „Verzeiht!“, rief er ganz verzweifelt. „Es ist alles unsere Schuld. Wir haben unseren Eltern schon vor Wochen damit in den Ohren gelegen, dass wir uns dieses Jahr zu Weihnachten auch einmal ein richtiges Festessen und einen schönen, bunt geschmückten, strahlenden Weihnachtsbaum wünschen würden, obwohl wir wissen, dass sie eigentlich kein Geld dafür haben. Wir wollten auch so ein fröhliches Weihnachtsfest erleben, wie andere Kinder. So kam unseren Eltern die Idee mit den Tannen. Bitte bestraft uns und nicht sie. Sie haben ein gutes Herz!“
Josef und Heinrich erkannten in den tieftraurigen, aber schuldbewußten Gesichtern der Eltern, dass dies der Wahrheit entsprach. Alle Kinder hatten sich unterdessen hinter ihren großen Bruder gestellt, als würden sie damit seine Aussage unterstreichen wollen. Sie schauten mit ängstlichen und bittenden Blicken zu Josef und Heinrich auf.
„Nun denn,“, sagte Josef in sehr ernstem Ton. „wir glauben euch! Trotzdem können wir das Ganze nicht einfach unter den Tisch kehren und die Tannen können wir euch auch nicht lassen. Das wäre nicht richtig!“ Sein Blick ging in die Runde. Die Kinder nickten eifrig. Ein kleineres Mädchen trat vor und sagte: „Wir wollen auch gar keine Geschenke mehr, wir wollen nur noch, dass alles wieder gut wird!“ Ein anderes fragte: „Was können wir tun, damit unsere Eltern keinen Ärger bekommen?“
Heinrich kraulte nachdenklich seinen Bart. „Ihr müsst euren Eltern helfen, die Bäume auf den Wagen zu verladen. Ich werde morgen zu euch kommen und euch dabei unterstützen, die Bäume ins Dorf zu bringen. Dort werden wir sie unter den Leuten verteilen, die sich wie ihr keinen Weihnachtsbaum leisten können. Außerdem müsst ihr alle versprechen, dass ihr so etwas nie wieder tut und auch sonst ein redliches Leben führen werdet. Sichtlich erleichtert umarmten sich alle Familienmitglieder. Sie bedankten sich wortreich und überglücklich bei Josef und Heinrich und versprachen, ihr Lebtag nie wieder zu stehlen und nur noch Gutes zu tun. Schließlich verabschiedeten sich die beiden Freunde von der Familie und machten sich auf den Rückweg.
Zur gleichen Zeit beugte sich im Tannenwald Utila zu Finn herab und sagte: „Ich fürchte, deine Eltern werden sich schon große Sorgen um dich machen. Deshalb werde ich dich zurückbringen“. Plötzlich erklangen Rufe in der Ferne. Kleine Lichtkegel tanzten durch das Geäst auf und ab. Die Stimmen kamen immer näher und waren nun zu verstehen. „Wir hätten dem Dorfoberkommissar Bescheid sagen sollen!“, hörten sie einen Mann sagen. „Nein, er hat im Dorf genug zu tun.“, sagte daraufhin eine Frauenstimme. „Außerdem spüre ich, dass er hier irgendwo ist.“ Nun tauchten der Mann und die Frau aus der Dunkelheit des Waldes auf und leuchteten mit ihren Taschenlampen direkt in die Gesichter von Utila und Rofibald.
Wie angewurzelt blieben sie stehen. Erstaunt betrachteten sie die beiden sowie die drei Eulen, die von den Ästen blickten. Doch plötzlich sah die Frau den kleinen Finn. „Finn!“, rief sie erleichtert und nahm, vor Freude weinend, ihren kleinen Sohn in die Arme. „Da bist du ja mein Kleiner! Wir haben dich überall gesucht!“ Der Vater war ebenfalls überglücklich und umarmte Finn. Finn war voller Freude, dass seine Eltern nun bei ihm waren. Dennoch sah man ihm an, dass ihn etwas plagte. Wopsi, der kleine verstrubbelte Hund, hatte sich ängstlich an seine Beine gedrückt. Als der Vater den Hund entdeckte, wurde sein Blick ganz finster.
Rofibald hatte alles verfolgt, griff sich jetzt an die Stirn und murmelte: „Das wird hier immer turbulenter.“ Utila streichelte über seinen Arm. Sie ahnte schon, dass er gleich sein Fläschchen mit dem Trank des Vergessens heraus holen wollte. „Rofi, warte erst mal ab!“, flüsterte sie. „Ich glaube, sie könnten uns auch eine große Hilfe sein.“ Utila ging auf Finns Eltern zu und erzählte ihnen, was bisher alles geschehen war und auch, welch große Tat Finn mit Wopsi vollbracht hatte. Die Miene von Finns Vater hellte sich sofort wieder auf. Er drückte seinen Sohn glücklich und stolz an sich. An Utila gewandt fragte er, ob der denn auch noch helfen könne. Noch bevor sie antworten konnte, hörte man Schritte näher kommen. Heinrich und Josef kamen zurück und berichteten allen vom Plan, gemeinsam mit den Dieben am nächsten Tag die gestohlenen Bäume im Dorf zu verteilen. „Dabei könntet Ihr doch sicher noch Hilfe gebrauchen“, meinte Utila mit Blick auf Finns Vater, der sich auch sofort bereit erklärte, mit anzupacken.
„Während ihr die Bäume im Dorf verteilt, können wir die mystische Tanne vorbereiten und dann im Schutz der Dunkelheit ins Dorf bringen!“
Alle waren einverstanden und verabredeten sich für den nächsten Tag. „Bevor wir aber jetzt aufbrechen können“, meinte Utila, „müssen wir uns noch einfallen lassen, was denn ab morgen mit Wopsi werden soll, denn er kann ja dann hier unter der Tanne keinen Schutz mehr suchen.“
Finns Mutter warf ihrem Mann einen Blick zu, den er lächelnd und leicht nickend erwiderte. Dann wandte sie sich an Finn: „Ich glaube, Wopsi und du gehören nach dem Erlebten einfach zusammen. Wenn du dich noch immer um den kleinen Hund kümmern willst, dann kannst du ihn mit nach Hause nehmen. Dann kann auch er ein schönes Weihnachten haben. Du weißt, wir hätten dir nie ein Tier zu Weihnachten geschenkt, aber nachdem du dich ja offenbar schon länger um den Kleinen kümmerst und er sonst kein Zuhause hat, ist das sicher eine gute Lösung.“
Überglücklich umarmte Finn seine Eltern und drückte dann seinen Wopsi eng an sich.
Mittlerweile war es schon richtig dunkel und alle machten sich auf den Weg nach Hause. Sie waren müde, aber glücklich und schon voller Vorfreude auf den morgigen Vorweihnachtstag, an dem sie die Bäume verteilen und die mystische Tanne ins Dorf bringen würden.
Am nächsten Nachmittag trafen Heinrich, Josef und Finns Vater wie verabredet bei der armen Familie tief im Wald ein, um die geklauten Weihnachtsbäume gemeinsam ins Dorf zu transportieren und sie zu verteilen. Lasst uns direkt beginnen!“, sagte Heinrich nach einer kurzen und freudigen Begrüßung. Mit vereinten Kräften wurden die Tannen aufgeladen. Dabei stellten Josef und Heinrich heimlich und unbemerkt eine der Tannen verdeckt neben das Haus der Familie, damit auch sie einen Baum für das Fest haben würde – so wie es sich die Kinder gewünscht hatten.
Gemeinsam machten sie sich nun auf dem Weg ins Dorf. Der Wagen mit den Bäumen war sehr schwer. Sie zogen ihn alle gemeinsam und kamen dabei ganz schön ins Schwitzen. Doch endlich war das Dorf erreicht. Schon von Weitem sah man ein Glitzern und Glänzen, denn viele Häuser waren wunderschön mit Lichterglanz geschmückt. Beim Näherkommen sah man in hell erleuchteten Häusern schon die ersten geschmückten Weihnachtsbäume. Andere Häuser waren nur spärlich beleuchtet. Heinrich und Josef kannten viele Dorfbewohner und wussten genau, wo man sich wieder keinen Weihnachtsbaum leisten können würde. Diese Häuser waren ihr Ziel. Nach und nach klopften sie an die Haustüren. Mit fragenden Blicken öffnete man ihnen. Jedes Mal, wenn sie dann sagten, dass sie Weihnachtsbäume verschenkten, ging ein Strahlen der Glückseligkeit über die Gesichter. Das war noch schöner anzusehen, als so manch geschmücktes Haus. Josef und Heinrich selbst waren dabei auch sehr glücklich, denn geteiltes Glück wurde zu doppeltem Glück. Es würde zu diesem Weihnachtsfest viele glückliche Kinder geben, die verzückt und strahlend unter ihren geschmückten Weihnachtsbäumen sitzen würden.
Endlich war auch der letzte Baum verschenkt und die kinderreiche Familie machte sich wieder auf den Heimweg. Vorher bedankten sich die Eltern noch einmal bei Heinrich und Josef, denn die beiden hatten kein Wort darüber verlauten lassen, woher die Bäume kamen. So blieb den Eltern die Schande, als Diebe überführt worden zu sein, erspart. „Frohe Weihnachten“, riefen Heinrich, Josef und Finns Vater ihnen nach. Der Ruf kam, begleitet vom Winken vieler Hände, zurück. „Sicher werden auch ihre Gesichter strahlen, wenn sie beim Heimkommen ihren Weihnachtsbaum finden.“, sagte Heinrich zu Josef. Nachdem sich die beiden bei Finns Vater für dessen Hilfe bedankt und sich für den nächsten Abend auf dem Dorfplatz verabredet hatten, machten sie sich auf den Weg zur mystischen Tanne. Dort würden die Anderen sicher schon auf sie warten.
Müde schritten sie durch die Dunkelheit. Als sie endlich ankamen, waren sie etwas verwundert, denn es war niemand da. Die mystische Tanne war ebenfalls verschwunden. Was war denn jetzt wieder passiert? Plötzlich hörten sie ein dreifaches Rufen: “Uhhuuu! Uhuuuu!“. Heinrich und Josef blickten zu den Tannenwipfeln hinauf. Da sahen sie Tytola, Amelia und Tamina auf sich zu fliegen. „Kommt mit!“ riefen alle drei gleichzeitig und flogen voran. Die beiden eilten ihnen hinterher. Nach wenigen Minuten sahen sie plötzlich von Weiten etwas glitzern. Die mystische Tanne schwebte über den Köpfen von Utila und Rofibald. Sie hinterließ einen Schweif aus vielen bunten Glitzerpünktchen. Utilas goldblondes Haar reflektierte das Funkeln. Auch Rofibald wurde von den Millionen Lichtern der Tanne angestrahlt. „Hey, da sind wir!“, riefen Heinrich und Josef ihnen schnaufend entgegen. „Wir sind schon mal vor gegangen.“, sagte Rofibald. „Die Bewohner werden gleich schlafen gehen und wir können gemütlich und in aller Ruhe die Tanne zum Dorfplatz bringen. Niemand wird uns bemerken.“
Sie liefen einen geheimen Pfad entlang. Die große Tanne schwebte lautlos über ihnen. Das funkelnde Licht und der große, runde, helle Mond leuchteten ihnen den Weg. Leise stapften sie hinunter ins Dorf. Die drei Eulen glitten lautlos durch die Nacht und hielten Ausschau, ob auch wirklich niemand mehr wach war. Endlich konnte die mystische Weihnachtstanne auf dem Dorfanger platziert werden. Sie schwebte hinab und ihre Wurzeln gruben sich selbst in die Erde. Still und dunkel stand sie nun da. Nur eins fehlte noch, der Schnee. Alle blickten zum Himmel hinauf. Und siehe da! Hoch oben sauste der Weihnachtsmann auf seinem Schlitten heran und ließ es schneien. Erst vereinzelt, dann immer mehr rieselten dicke Schneeflocken herunter.
Am nächsten Tag war die Freude unter den Dorfbewohnern riesig. Das ganze Dorf lag unter einer dicken, weißen, glitzernden Schneedecke. Am Abend trafen sich alle, wie in jedem Jahr, auf dem Dorfplatz. Dort stand die große, wunderschöne Weihnachtstanne und strahlte und funkelte mit viele tausend Glitzersternchen. Ganz plötzlich flogen all die Sterne hoch in den Himmel hinauf. „Seht nur!“, rief ein Dorfbewohner. Er deutete auf einen besonders großen Stern. „Da steht etwas drauf“, rief er überrascht und las laut vor: „Liebe.“ Und jemand anderes rief: „Und da auch!“, und zeigte dabei zu einem anderen Stern. „Geborgenheit.“ Auf einmal riefen sie alle und sahen immer mehr Sterne mit den Herzenswünschen aller Menschen. „Glück“, „Zeit für einander“, „Hoffnung“, „Frieden“ und noch so viel mehr. All die Sterne mit den Wünschen flogen in den nachtschwarzen Himmel hinauf.
Auch Finn mit seinen Eltern und Wopsi waren dort. Sie lagen sich in den Armen. Die Familie mit den vielen Kindern war aus dem tiefen Wald gekommen. Alle standen sie da, blickten hinauf, umarmten sich und weinten vor Freude.
– Ende –
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