Weihnachtsgeschichte 2019 – Episode 1 (inkl. Audioversion)

Das Schneewunder

Episode 1 von Corona

Womp! Wusch! Boing!

Riesige Schneeflocken, groß wie Bowlingkugeln, prallten gegen seinen Schultern und immer wieder auf seinen Kopf. Er blickte hinauf und konnte es einfach nicht fassen. War er geschrumpft, oder waren die Schneeflocken gewachsen? Wohin seine Augen auch blickten, überall lag meterhoch der Schnee. Weit und breit war alles weiß. Es war unmöglich für ihn, dort hindurch zu stapfen. Er würde im tiefen, weichen Schnee versinken und auf Nimmerwiedersehen verschwinden. „Verfluchter Schnee!“ brüllte er vor Wut.

Erschrocken setzte sich der Gnom Odio Nix senkrecht in seinem Bettchen auf. „Hach“, lachte er laut los. „Es war nur ein Traum!“, rief er erleichtert. Trotzdem sprang er aus dem Bett und tapste barfuß zum Fenster. Dort blickte er in die Nacht hinaus. Seine Wut im Bauch löste sich langsam auf. Weit und breit kein Schnee. Nur der karge, braune Waldboden und die kahlen, knorrigen, in die Dunkelheit ragenden Äste waren zu sehen. Der große, runde Mond schien hell in seine kleine Stube. Erleichtert wollte er sich gerade wieder ins Bett zurück legen, als sich plötzlich dicke, dunkle, schwere Wolken vor den Mond schoben. Einen Augenblick später war alles ganz finster. Odio Nix kniff ärgerlich seine Augen zu und öffnete sie wieder. „Das sind doch jetzt keine Schneewolken, oder was?!“, schrie er gegen die Fensterscheibe. Die Wut kochte langsam wieder in ihm hoch.

Ärgerlich zog er sich seine zerrissene Kleidung an. Dann schlüpfte er in seine zerlöcherten Stiefelchen und schnappte nach seinem zerschlissenen Rucksack, den er sich über warf. Der Rucksack fiel ihm direkt wieder vom Rücken runter. Der Gurt war nun zerrissen. Der Gnom knotete den Gurt zusammen und warf sich den Rucksack erneut über. Allerdings fühlte er sich nun wie eingeschnürt, denn der Gurt war jetzt viel zu eng. Zornig schmiss er den Rucksack auf den Boden und stiefelte quer durch seine kleine, kalte Stube, in der das Feuer im Kamin längst heruntergebrannt war. Er öffnete eine kleine Kiste, die in der Ecke stand. Dort holte er seine grüne, alte, zerfledderte Umhängetasche heraus und hängte sie sich um. In der Kiste erblickte er noch etwas. „Aaaah!“, rief er. „Beinahe hätte ich meine Tarnmütze vergessen!“. Er schnappte sie und setzte sie auf seinen Kopf, sodass sein karottenrotes, zerzaustes Haar darunter verschwand. Und nicht nur das. Selbst er war plötzlich nicht mehr zu sehen.

Wutentbrannt stapfte er zur Tür hinaus, schloss die knorrige Wurzeltür hinter sich und huschte in den dunklen Wald hinein. Nicht ahnend, dass er bereits von jemandem beobachtet wurde…

Lange hatte sie in der Kälte ausgeharrt, und die Baumhöhle unter den riesigen Wurzeln ausgespäht. Sie war auch nicht erstaunt gewesen, als, wie von Zauberhand, die kleine Wurzeltür geöffnet und gleich wieder geschlossen wurde. Sie sah auch die kleinen Fußabdrücke, die in den Wald hinein tapsten.

Taptaptap! Leise folgte sie dem immer schlecht gelaunten Gnom, denn sie ahnte bereits, was er nun wieder ausheckte.

 

Audioversion, gesprochen von Sigurd